Ablach-Erkundung . . . oder: Der gestohlene Bach


An Dreikönig 2018, also nach regenreichen Januartagen und überall sehr guten Pegeln, rafften Manfred und ich uns auf, die Ablach von möglichst weit oben, also im Gebiet der Rhein-Donau- Wasserscheide bei Schwackenreute, vielleicht sogar an Stellen, wo normalerweise gar kein Wasser fließt, per Kajak zu erkunden, d.h. zu befahren. Beide wussten wir, dass wir oberhalb von Messkirch rund um ein Kieswerk und ein Naturschutzgebiet würden eine geeignete Einsetzstelle suchen müssen. Wir fanden südlich des Kieswerks einen gar nicht mal kleinen, nordwärts fließenden Bach, aber ohne zu wissen, warum, suchten wir weiter und fanden schließlich westlich von Sauldorf ein flottes Bächlein, das uns eine Radfahrerin als „die Ablach“ bestätigte, und wir setzten an der Straßenbrücke ein. Streckenweise hing Ufergebüsch über die ganze Bachbreite, aber wir kamen gut durch, dann wieder ein paar hundert Meter freie Sicht in die angenehme Landschaft. Wir fuhren „eba Wiesa“, also der Bach war randvoll. Im Gebüsch hingen bis etwa einen halben Meter hoch Gras, Blätter und andere Zeugen des gerade erst abgelaufenen Hochwassers, viele der Äcker und Wiesen rechts und links müssen „blank“ gewesen sein, wohl vom plötzlichen Tauwetter. Etliche Nebenbäche brachten uns von beiden Seiten viel Wasser hinzu, die Ablach wurde schnell größer. Ein kurzer Aufreger am aufgelassenen Wehr vor der Unterquerung einer Eisenbahnbrücke: Zu spät zum Reagieren wurde ein schräg über den Fluss hängender Draht erkannt, aber die Strömung trieb uns seitwärts vorbei.

Schnerkingen am Stadtrand von Messkirch kam in Sicht.Am hiesigen Wehr erwartete uns schon der Betreiber, erstaunt, hier „nach so vielen Jahren“ mal wieder Paddler zu sehen, ein sehr freundlicher Mensch, den wir dann prompt um Taxidienste 7 km weit zu Manfreds Auto fragten – mit Erfolg. Weil wir erst kurz vor 15h eingesetzt hatten, machte es Sinn, bereits jetzt, kurz nach 16h, als also die Dämmerung schon begann, das Paddeln zu beenden.

Daheim wollte ich erkunden, was für einen größeren Bach wir südlich der Baggerseen gesehen hatten. Per google earth fand ich heraus, dass dieser aus Südosten von Hohenfels kommend den Ort Mindersdorf passiert und nach Nord-Nordwesten auf die Schwackenreuter Baggerseen zufließt – aber gerade dort einen großen Bogen nach links macht, also die Fließrichung unserer Ablach verlässt, sich nach Süden wendet und auf Stockach zufließt. Und tatsächlich findet sich auf google maps oberhalb von Hohenfels der Name Ablach für die Anfänge dieses Gewässers, selbst dort, wo sie, ursprünglich nur aus ein paar Entwässerungsgräben bestehend, längst zugeackert wurden. Doch ab Hohenfels hat man wegen der ca. 6 km bachabwärts befindlichen Fließrichtungs-Umleitung den Namen in „Aach“ geändert. Die Stelle, wo es früher geradeaus nordwärts, auf Messkirch zu, weiterfloss, ist auf den Karten gut sichtbar.

Warum diese Änderungen?

Südlich der Wasserscheide, im Einzugsgebiet des Bodensees und des Rheins, ist das Gefälle vergleichsweise riesig. Um den zahlreichen Mühlen an der Aach eine größere Wasserführung auch im Sommer zu liefern, hat man schon vor langer Zeit den obersten Ablach-Oberlauf mit relativ wenig Aufwand gekappt und in die nahe, aber in Gegenrichtung fließende Stockacher Aach geleitet. Die Müller bzw die Turbinenbetreiber dort profitieren noch heute vom Mehr-Wasser.

Menschen haben hier also etwas vorweggenommen, was die Natur allein, von sich aus, durch die sogenannte „rückschreitende Erosion“, wohl erst in ein paar tausend Jahren hinbekommen würde.

 

Text: Reinhard Ewers zum Rode